„glue light blue“ von Nadav Zelner am Hessischen Staatsballett

Nach „Last Work“ von Choreografielegende Ohad Naharin arbeitet das Hessische Staatsballett in dieser Spielzeit mit einem weiteren israelischen Choreografen zusammen: Nadav Zelner. Der noch recht junge Israeli hat mit seinen sehr dynamischen und vor Vitalität sprühenden Choreografien international auf sich aufmerksam gemacht. In seiner Neukreation für das Hessische Staatsballett „glue light blue“ setzt sich der Choreograf mit der Musik des Nahen Ostens auseinander und ergründet dabei, dass nichts für selbstverständlich gehalten werden darf; vor allem nicht die Realität.

Wir haben mit Zelner über sein neues Stück „glue light blue“ gesprochen, das er gerade mit den Tänzerinnen und Tänzern des Hessischen Staatsballetts entwickelt.

Du arbeitest oft mit Farben. Sie inspirieren dich zu den Themen für deine Stücke.

In Bezug auf „glue light blue“ kam mir die Farbe Hellblau in den Sinn. Es ist eine kosmische Farbe. Es tauchen fließende Bilder auf, eine Flut von Licht, aber auch Energie. Gleichzeitig schlägt sie für mich eine Brücke zur Musik des Nahen Ostens, die eine gewisse Leitlinie in dem Stück darstellt. Insofern hat das Ganze auch etwas Synästhetisches. Musik und Farben kommen zusammen.

Was reizt dich an der Auseinandersetzung mit der Musik des Nahen Ostens?

Sie ist Teil meiner Abstammung. Meine Großmutter kommt aus Tunesien und spricht arabisch. Diese Musik repräsentiert also meine Kultur, meine Wurzeln und ist auch in meinem täglichen Umfeld in Israel sehr präsent. Ich verbinde mich mit dieser Musik. Wenn ich sie höre, fange ich an, mich zu bewegen, zu denken und den Beat tief in meinem Körper zu spüren. Sie hat eine solche Vielseitigkeit: Elegant, dunkel, geheimnisvoll, superschwer, erhebend, groovig. Und es gibt so viele verschiedene Stile in den arabischen
Ländern, die die Musik des Nahen Ostens ausmachen. Ich wähle aus dieser Vielfalt aus, um eine Harmonie mit verschiedenen Wellen der Intensität zu schaffen, die die Atmosphäre der Geschichte trägt. 

Deine Werke entführen in fantastische Welten. Welche Geschichte möchtest du mit „glue light blue“ erzählen?

Für mich ist Tanz eine Sammlung von vielen Geschichten, die gleichzeitig passieren. Jede Wahrnehmung der Realität ist individuell, ebenso wie die Erfahrungen, die zu ihr geführt haben. Und es liegt an den Tänzer*innen, diese verschiedenen Schichten aufzudecken. Aber das Wichtigste, was ich erzählen möchte, ist, dass man sich seiner selbst und der Menschen um sich herum bewusst ist. Eine gute Verbindung bedeutet alles für Beziehungen, Freundschaften, in sozialen Situationen und auf einer allgemeineren
Ebene: in Gesellschaft oder Politik. Finde eine Verbindung und du wirst eine Lösung finden; Frieden mit dir selbst und anderen. In diesem Sinne kann der Tanz von der Menschlichkeit erzählen.