1.) Was ist eure Lieblings-Entdeckung an Luise Büchner?
Lara Yilmaz (Regisseurin): Ihre ironische Art! Egal über welches Thema sie schreibt, in jedem ihrer Texte schwingen Witz und Ironie mit. Das mag ich sehr gerne.
Lena Sutor-Wernich (Sängerin): Ihre evolutionäre Kraft, ihre schonungslose Ehrlichkeit, ihr augenzwinkernder Humor und dass sie sich in ihren Gedichten so persönlich zeigt.
Nora Solcher (Schauspielerin): Dass sie sich einer Zeit und ihren Umständen trotzdend unbeirrt für Frauen stark gemacht hat. Und, dass sie erkannt hat, sie verlange nur "das allgemein Menschliche".
Coline Meret Lola Jud (Kostüm- und Bühnenbildnerin): Wir stehen auf den Schultern von Ries:innen. (Ist zwar nicht von Luise Büchner, aber mein totaler Lieblingssatz im Stück). Ich bin total begeistert, dass Luise Büchner so eine „Macherin“ war. Ich mag dass Sie sich für die Selbstständigkeit der Frauen eingesetzt hat, dass Sie Geschichtsvorlesungen in Ihrem Wohnzimmer gehalten hat, ins Theater ging um sich weiter zu bilden und sich nicht entmutigen hat lassen und sich stetig autodidaktisch weiter geformt hat. Und anderen Frauen dabei geholfen hat um eine Selbstständigkeit zu fördern, sowohl finanziell wie Gesellschaftlich.
Elena Postumi (Komponistin): Als ich vom Staatstheater Darmstadt den Auftrag bekommen habe, ein Werk über das Leben und Werk von Luise Büchner zu komponieren, war die Schriftstellerin und Pionierin mir nur ein wenig bekannter, nebelhafter Name in der Umlaufbahn der Intellektuelle des 19. Jahrhunderts. Bemerkenswert ist, dass viele meiner Bekannten und Kollegen nicht viel mehr über sie wussten. Diese mysteriöse Figur trat allmählich aus dem Nebel hervor in den letzten Monaten, in denen sie zur zentralen Beschäftigung meiner Arbeit geworden ist, und mir wurde sofort klar, wie ihr Schaffen und ihre Botschaft mit Mut viele wichtigen Themen ansprechen, die damals wie heute in unserer Gesellschaft problematisch sind. Was mich jedoch am meisten überrascht hat, ist die Art, mit der Luise solche Themen anspricht - mal rauflustig, mal unerwartet witzig, mal passioniert. Hinter ihrem Feder steckte eine leidenschaftliche Persönlichkeit, die sich nicht einschüchtern ließ - und auch humorvoll mit wichtigen Fragen ihrer Zeit umgehen konnte.
2.) Was für euch jeweils die Besonderheit bei der Erarbeitung?
Lara Yilmaz: Die meisten Inhalte, die zu sehen und hören sind, sind aus vielen Diskussionsrunden im Team entstanden. Wir haben also alle zu dem beigetragen, was am Ende auf der Bühne steht.
Lena Sutor-Wernich: Definitiv die gemeinsame Stückentwicklung mit dem gesamten Team. Zusammen wichtige, auch kontroverse Themen zu erörtern, sich aneinander zu reiben, zu aktuellen Fragen künstlerisch zu improvisieren,… hautnah, stimmnah mit dabei zu sein, während unser Stück entsteht, das ist besonders - besonders reizvoll, besonders anstrengend, besonders lustig.
Nora Solcher: Die Vermischung von zwei verschiedenen Musikrichtungen mit Schauspiel, von fester Textstruktur mit improvisatorischer Struktur und von Damals mit Heute.
Coline Meret Lola Jud: Wir machen eine Stückentwicklung, d.h. es gibt zu Beginn kein Stück, nur Themen und Ideen. Alle Texte, Szenen und Ideen wurden im Prozess im stetigen Austausch mit dem ganzen Team erarbeitet durch Gespräche, Improvisationen, morgendliches Tanzen, zusammen lachen und viele Diskussionen. Das heißt das wir alle in diesem Stück mit einfließen, wir beschäftigen uns mit unseren Vorgänger:innen unsere jetzigen Situationen, Fragen, Ängste und Hoffnungen fließen aber stetig mit rein.
Elena Postumi: "Becoming Luise Büchner", als Stückentwicklung in wenigen Wochen konzipiert, entsteht aus enger Zusammenarbeit und konstanter Interaktion von Kostüm, Musik, Licht und Schauspiel, die eine Einigkeit formen. Dass unterschiedliche Kunstformen sich überschneiden und ineinander übergreifen, ist leicht vorstellbar. Was man auch dabei mitbedenken kann, ist die Vielfalt an Themen, Ideen, Facetten der Figur Luise Büchners, die uns am Herzen lagen, als wir unsere künstlerische Konzeption angefangen haben. Das Konzept bietet viel an und die größte Herausforderung war, zusammen einen Weg einzuschlagen und zu vertrauen, denn wir wussten nicht, wohin er uns gebracht hätte. In dem Produkt der kollektiven Arbeit unseres reines Frauen-Teams liegt die Besonderheit des Projektes.
3.) Was wird das Publikum am meisten überraschen?
Lena Sutor-Wernich: Der schreckliche Stabreim, eine CareArbeitsKissenSchlacht, Elena Postumis aufhorchende, farbenreiche Musik, unsere Schuhe und dass Luise Büchner noch viel mehr war und ist als Georg Büchners kleine Schwester.
Nora Solcher: Wie immer wieder ein vermeintlich heutiges Thema sich als Text von Luise Büchner entpuppt, oder ein vermeintlich der Büchner Zeit zugehöriges Thema sich dicht verwebt mit dem Jahr 2022.
Coline Meret Lola Jud: Ich hoffe das Publikum wird überrascht sein wie aktuell und lustig Luise Büchner ist/sein kann.
Lara Yilmaz: Ich denke die Kombination aus dem Stück, dem Raum und Thema. Das ist schon sehr ungewöhnlich, aber wiederum auch genau passend für unseren Abend!
Elena Postumi: Das Publikum lässt sich auf eine künstlerisch übergreifende Erfahrung ein, indem das Stück kein reines Theater- oder Musikstück ist, sondern eine besondere Art Gesamtkunstwerk, in dem sich Szene, Musik und Kostüm gegenseitig beeinflussen. Nicht zuletzt verleiht die besondere Spielstätte noch eine entscheidende [Darmstädter?!] Patina.