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Zum 100-jährigen Jubiläum der Hessischen Spielgemeinschaft

Wer genug trinkt, sieht zweimal so viel von der Welt! Mit diesem Versprechen auf Erkenntnis bestellt Datterich einen Schoppen nach dem anderen. Und wenn das nötige Kleingeld sich dem Ende zuneigt, und dem neigt es sich ständig zu, weiß der Pensionär sich zu helfen: Für einen guten Tropfen schröpft er den Schuhmacher, bezirzt die Wirtin und leiert dem zugezogenen Drehergesellen Schmidt mit lustvoller Penetranz einen gediegenen Rausch aus den Rippen.

Die Lokalposse vom Überlebenskünstler Datterich ist bald 200 Jahre alt und wird seit 1925 von der damals gegründeten Hessischen Spielgemeinschaft aufgeführt. Bis heute ist der südhessische Jargon dem Klang des Datterich so nah, dass strittig ist, ob Ernst-Elias Niebergall in der Lage war, den Darmstädter Zungenschlag mit dieser Komödie zu kanonisieren oder ob Darmstadt stattdessen in den weichen Worten und Wendungen babbelt, die Niebergall dem Datterich und seinen Saufkumpanen in den Mund legte.

Die Darmstädter Mundart ist es auch, die dem Stück zum Erfolg verhalf, obwohl es an den meisten deutschsprachigen Theaterstandorten wohl kaum verstanden würde. Unvorstellbar ist aber ein hochdeutscher Datterich, denn erst in der sprachlichen Verdichtung wird diese Posse zum Welttheater im Lokalen – in Weinlokalen, um genau zu sein. Wie in einer dokumentarischen Milieustudie zeigt Niebergall nahezu beliebig profane Alltagssplitter von den Theken der Altstadt. Dem Publikum begegnen in einer kleinen, in dieser Inszenierung beinahe zweidimensionalen Welt episodische Versatzstücke des Lustspiels: Liebesverwirrungen, ein betrogener Betrüger, ein verfolgter Schuldner, das rassistische Weltbild eines eingebildeten Intellektuellen. Nichts und niemand ist davor gefeit, von Datterich aufs Korn genommen zu werden. Bei aller Kritik am Kleinbürgerlichen bleibt auch Datterich selbst – trotz all seiner Raffinesse – einer der verabscheuten Kleinbürger. Nüchtern betrachtet vielleicht sogar der kleinste unter ihnen.

Ebenso wie sein Held steht auch dieser Theatertext ganz für sich. Trotz aller Versuche Datterich zu Woyzecks Zwilling und Niebergall zum Dramatiker von Weltrang hochzujubeln, bleibt dieser Schwank auch in diesem Sommer das, was er schon immer war: Das beste Stück Volkstheater aus, über und für die beste Stadt Südhessens.

So unterhaltsam, man müsste es zweimal sehen!

Eine Produktion des Staatstheaters Darmstadt unter Mitwirkung der Hessischen Spielgemeinschaft 1925 e. V.

Termine

  • Juni 2025

      • Premiere

        Der Datterich

        Terrasse Großes Haus
        Darmstädter Lokalposse zum 100-jährigen Jubiläum der Hessischen Spielgemeinschaft / Eine Produktion des Staatstheaters Darmstadt unter Mitwirkung der Hessischen Spielgemeinschaft 1925 e.V.

Besetzung


Regie
Bühne & Kostüm
Alexander Martynow
Musik/Komposition
Musikalische Einstudierung
Dramaturgie
Kornelius Luther